Schicht für Schicht holt sie die Zeit zurück

Von Grevy Künstler, Malerei With 0 Kommentare
Michaele Helker

Erinnerungen werden wach, an Autofahrten durch die Eifel oder in den Urlaub: Das Phänomen kennt fast jeder, der schon mal hinten auf der Rückbank im Auto gesessen hat und verträumt in den Wald geschaut hat. Dieses Unterwegssein und seine flüchtigen Momente hält Michaele Helker in ihrer Collage-Serie MISCHWALD fest. Doch das ist nur eine Ebene ihrer Kunstwerke, denn schaut man genauer hin, so entdeckt der Betrachter Schlagwörter, die an die Baumstämme angelehnt sind. Die Begriffe sind kritisch, in aller Munde, vor allem in den Medien. Und aus einem bestimmten Betrachtungswinkel erkennt man bei näherer Betrachtung der Collagen, dass die Baumstämme plastisch sich vom Bildgrund hervorheben - dreidimensional. Ein verblüffender Moment, wenn man erfährt, dass sie aus alten Zeitungen geformt sind: Papier wird wieder zum Baum! Der Überraschungseffekt ist gelungen und das macht die Kunst von Michaele Helker aus.

Das Thema der Serie DRAHTlos spiegelt die Beschäftigung unserer Hände mit einem nicht mehr weg zu denkenden neuen Alltagsgegenstand: dem Smartphone. Die feinen Handzeichnungen lassen die berühmten Hände Dürers im Gebet erkennen. Reist man viel und ist in Zügen oder auf Bahnhöfen unterwegs, bemerkt man schnell, woher diese Assoziation stammen kann: Viele „beten“ ihr Smartphone tatsächlich an und sind am Boden zerstört, sollte es mal kaputt gehen oder verloren sein. Michaele Helker verarbeitet das Thema, indem sie zusätzlich den QR-Code und markante Stichwörter in Beziehung setzt zu dem Smartphone  in der Hand und prompt ist man im Kosmos des Online-Shoppings angekommen!

Menschen und ihre Beobachtung durch ein weiteres elektronisches Medium, die Überwachungskamera, sind der Schwerpunkt einer weiteren Serie von Michaele Helker „HomoMOBILIS“. Es gibt Menschen, die sind permanent unterwegs. Unter Beobachtung unterwegs. Wie aus dem Nebel tauchen diese Menschen aus übermalten alten Fahrplänen auf. Eine faszinierende, eigene Welt entsteht beim näheren Betrachten: Die Welt des Bahnhofs, der Pendler, der Reisenden und teilweise auch der Heimatlosen. Zahlreiche Skizzen, die die Künstlerin auf ihren eigenen Reisen von Menschen fertigte, waren die Grundlage für diese Objekte.

FOOTprints. Wo war ich gestern noch? In der Stadt? War da nicht vor einem Jahr noch eine Baustelle? Permanent verändern sich unsere Innenstädte und unsere Wege durch den Großstadtdschungel. Michale Helker taucht in diesen wandelnden Zustand hinab und besichtigt Baustellen. Anschließend hält sie manche „FOOTprints“ in ihren Arbeiten fest, die abstrakte Muster zeigen oder auch einfach aus dem Nichts auftauchende Profile von Schuhsohlen. Schicht für Schicht legt die Künstlerin weitere Gegenstände aus ihrer eigenen Biografie dazu und hält somit wieder einen ganz bestimmten Moment fest. Somit holt sie auch manchmal ein Stück Zeit Schicht für Schicht zurück in die Gegenwart.

Michaele Helker hatte früh Zeichen- und Malunterricht bei dem über Fulda hinaus bekannten Künstler Alexander Deisenroth, bevor sie Kommunikationsdesign in Wiesbaden und Sydney studierte. Später arbeitete Sie 18 Jahre als Art Direktorin in Frankfurt. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Driedorf (Hessen) und arbeitet in ihrem Atelier in Köln.

Text: Alina M.A.